Damit die Gesellschafterköpfe nicht rauchen
Rauchen im Flugzeug, im Auto mit den Kindern am Rücksitz oder in Gaststätten – früher war das normal. Heute schlagen wir die Hände über dem Kopf zusammen, denn so etwas ist mittlerweile undenkbar. Genauso ist es im Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Was gestern noch ganz selbstverständlich praktiziert wurde, löst heute unverständliches Kopfschütteln aus. Um die aktuell richtige Lösung zu finden, rauchen deshalb gern mal die Köpfe.
Dazu kommt: Als Steuerberater dürfen wir Sie im Bereich der Sozialversicherung nicht beraten, sollen bei der Gehaltsabrechnung aber trotzdem alles richtig machen. In diesem engen Bereich bewegen wir uns dabei zwischen erlaubter und unerlaubter Rechtsberatung.
Nachfolgend wollen wir versuchen, auf diesem schmalen Grat zu balancieren.
Vorab der unproblematische Fall: Wenn Sie eine Ein-Mann-GmbH besitzen und Sie sind dort als Geschäftsführer angestellt, dann sind Sie – Stand heute – sozialversicherungsfrei, da Sie wie ein Einzelunternehmer agieren können.
Sollten Sie aber mehrere Gesellschafter sein, dann gilt dies nur für den Mehrheitsgesellschafter, wenn dieser Geschäftsführer ist. Als angestellter Minderheitsgesellschafter sind Sie grundsätzlich sozialversicherungspflichtig.
Der Unterschied liegt in der Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses:
Ein Arbeitnehmer, der in einem fremden Betrieb beschäftigt ist, ist vom Arbeitgeber persönlich abhängig. Das ist dann der Fall, wenn er in den Betrieb eingegliedert ist und bei Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung den Weisungen des Arbeitgebers unterliegt.
Bei dem Ein-Mann-Gesellschafter-Geschäftsführer ist das im Gegensatz dazu nicht der Fall. Er verfügt über seine Arbeitskraft selbst und kann diese im Wesentlichen frei gestalten.
Maßgebend bei sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen ist immer das Gesamtbild. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine Zuordnung erlauben. Unter den rechtlich relevanten Umständen sind die vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten gemeint, die natürlich so auch tatsächlich vollzogen werden müssen.
Zudem hat die Gesamtbetrachtung immer auch unter Berücksichtigung des GmbHG und der gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu erfolgen.
Damit gilt: Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn
a) Sie mindestens 50 % der Kapitalbeteiligung halten oder
b) ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag (Satzung) eine echte, qualifizierte Sperrminorität eingeräumt ist, welche nicht auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Eine außerhalb der Satzung zustande gekommene Vereinbarung ist nicht zu berücksichtigen.
Ein mitarbeitender Gesellschafter, der nicht zugleich auch Geschäftsführer ist und weniger als 50 % der Anteile besitzt, ist immer ein abhängiger und damit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter.
Möchten Sie also Ihren (Minderheits-)Mitgesellschafter sozialversicherungsfrei anstellen, dann müssen Sie zwei Dinge tun:
1. Sie bestellen ihn zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer und
2. Sie räumen ihm im Gesellschaftsvertrag eine umfassende Sperrminorität ein, wonach Beschlüsse seiner Zustimmung bedürfen.
Das machen Sie aber bitte nicht alleine. Bei der Umsetzung dieser zwei Handlungsempfehlungen beauftragen Sie bitte einen Rechtsanwalt, der sich auch im Sozialversicherungsrecht auskennt. Lassen Sie darüber hinaus in jedem Fall eine Statusprüfung vornehmen, um Rechtssicherheit zu erlangen. Zudem ist es sinnvoll, dass der beigezogene Anwalt für Sie die zukünftige Rechtslage überwacht und Sie auf Änderungen hinweist.
Denn wie eingangs erwähnt, ist dieses Rechtsgebiet sehr im Fluss.
Was gestern galt, muss heute nicht mehr richtig sein.