Die Sirene im Frühwarnsystem eines Unternehmens
Was in der Vergangenheit bereits durch höchstrichterliche Rechtsprechung gesetzt war, ist nun im StaRUG verankert: Die Hinweispflicht des Steuerberaters auf einen möglichen Insolvenzgrund, wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen und wenn er annehmen muss, dass dies dem Mandanten nicht bewusst ist.
Können Sie sich also getrost zurücklehnen, da Sie ja hier der Steuerberater im Ernstfall informiert? Oder bleibt es in Ihrer Verantwortung, zu wissen, welche Insolvenzgründe es gibt und ab wann sie greifen?
Sie ahnen es schon: Sie als Geschäftsführerin und/oder Unternehmer müssen das natürlich wissen, denn nur Sie kennen die Hintergründe für Ihre Zahlen. Deshalb sind Sie persönlich verpflichtet, rechtzeitig zu agieren. Doch hierzu nachher mehr.
In diesem Artikel geht es nur um die Überschuldung als Insolvenzgrund, nicht um die Zahlungsunfähigkeit.
Eine Überschuldung ist gegeben, wenn die Schulden größer sind als das Vermögen. Das entsteht dadurch, dass Verluste erzielt werden – entweder einmalig durch den Ausfall einer hohen Forderung oder laufend durch zum Beispiel eine schlechte Kalkulation. Sehr frühzeitig erkennen Sie das in der Regel beim Blick auf das Bankkonto oder in die Auswertungen zur monatlichen Finanzbuchhaltung (BWA). Tatsächlich wissen Sie als Unternehmer also sehr schnell, wie es um Ihr Unternehmen gestellt ist.
Fatale Vogel-Strauß-Taktik
Nun kommt aber der psychologische Effekt hinzu: die Vogel-Strauß-Taktik. Kopf in den Sand und erst wieder raus, wenn es besser aussieht. Spätestens jetzt ist der Steuerberater als Sirene gefordert, die so laut sein muss, dass sie auch mit dem Kopf im Sand noch zu hören ist, sobald dieser ein Krisenwarnsignal erkennt. In diesem Fall muss der Steuerberater unter Bezeichnung desselben warnen. Ein solches Signal ist auf jeden Fall eine buchmäßige Überschuldung.
Liegt eine solche vor, dann wird zuerst geprüft, ob diese bilanzielle Überschuldung durch den Wert stiller Reserven (nach Ertragsteuern) und/oder Rangrücktrittsvereinbarungen ausgeglichen wird. Wenn ja, dann darf im Jahresabschluss mit Fortführungswerten bewertet werden.
Wenn nein, dann dürfen Fortführungswerte nur dann angesetzt werden, wenn eine positive handelsrechtliche Fortführungsprognose vorliegt. Ist diese negativ, dann sind im Jahresabschluss Liquidationswerte anzusetzen.
Die handelsrechtliche Fortführungsprognose umfasst zwölf Monate und beginnt am Bilanzstichtag. Ist diese Fortführungsprognose negativ, sind Sie verpflichtet, eine insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose (24 Monate) und eine insolvenzrechtliche Überschuldungsprüfung vorzunehmen. Hierbei sind Sie gut beraten, einen im Insolvenzrecht erfahrenen Berater damit zu beauftragen.
Im Ergebnis gibt also die handelsrechtliche Fortführungsprognose Auskunft über die Art der Bewertung der Vermögenswerte in der Bilanz: Buchwert oder Liquidationswert? Die insolvenzrechtliche Prognose dagegen gibt ein Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des Unternehmens.
Wenn Sie berücksichtigen, dass dies bei Krisenunternehmen alles unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 31. März des Folgejahres erfolgt sein muss, um keine Insolvenzverschleppung zu verursachen, sollten Sie schnellstmöglich nach Verbuchen des Dezembers eine handelsrechtliche Fortführungsprognose erstellen, wenn die entsprechenden Anzeichen vorliegen.
Es empfiehlt sich daher, diese als integrierte Planungsrechnung rechtzeitig auf die jährliche Agenda zu setzen, damit Sie vermeiden, sich ggf. strafbar zu machen und vielleicht sogar mit dem Privatvermögen zu haften.
Als Steuerberater beraten und unterstützen wir Sie gerne bei Ihren Aufgaben und sind nicht nur die laute Sirene, sondern helfen auch bereits im Vorfeld.